Nordthailändische Küche: Zwischen Bergen, Tee und Traditionen
- InFusion
- vor 18 Stunden
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Dieser Artikel ist Teil unserer Serie Die Küchen Thailands von Nord bis Süd. Nach einer allgemeinen Einführung beginnen wir hier mit der ersten regionalen Ausprägung. Und selbstverständlich beginnen wir mit dem Norden.
Nordthailand, mit seinen majestätischen Bergen wie dem Doi Inthanon, dem höchsten Gipfel des Landes, zeigt ein Gesicht, das sich deutlich vom Rest des Königreichs unterscheidet. Das Klima ist kühler, die Landschaften rauer und diese geografischen Besonderheiten haben einzigartige kulinarische Traditionen hervorgebracht.
Diese Küche entstand an den Schnittstellen alter Handelsrouten, auf denen Gewürze zwischen Birma, China und Laos zirkulierten. Die Einflüsse sind alt, verstärkten sich jedoch im zwanzigsten Jahrhundert, als ganze Gemeinschaften aus Yunnan, Myanmar und Laos in diese Berge zogen. Diese Migrationen, insbesondere jene nach dem chinesischen Bürgerkrieg, haben die Esskultur des Nordens nachhaltig geprägt und bereichert.
Das Ergebnis ist eine unverwechselbare Gastronomie, die tief in ihrem eigenen Terroir verwurzelt ist und zugleich offen für ihre Nachbarn bleibt. Deshalb wäre es verkürzend, von einer einzigen Küche des Nordens zu sprechen. Man muss von den Küchen Nordthailands sprechen, so sehr spiegeln sie eine Mosaiklandschaft aus Geschichten, Völkern und Fertigkeiten wider.
Shan-Küche, die Gastronomie des Tai Yai Volkes
Zu den markantesten Einflüssen gehört die Shan-Küche, die des Tai Yai Volkes, das insbesondere in der Provinz Mae Hong Son lebt. Die Shan teilen viele Traditionen mit dem benachbarten Myanmar und dies spiegelt sich in ihren Gerichten wider. Weniger süß und kaum mit Kokosmilch, bevorzugt ihre Küche salzige und pikante Aromen. Klebreis ist unverzichtbar und bei jeder Mahlzeit präsent.
Ihre Spezialitäten zeigen eine Vorliebe für Gemüse, Bergprodukte und einfache, aber intensive Zubereitungen. Shan-Krapfen, sogenannte Krabong, bestehen aus geraspeltem Kürbis und Currypaste, frittiert bis sie unwiderstehlich knusprig sind. Das Hang Lay Curry, ein Schweinefleischeintopf mit Gewürzen, Ingwer und Tamarinde, ist vielleicht das bekannteste Gericht. Ursprünglich aus Myanmar, wurde es zu einem Symbol der nordthailändischen Gastronomie. Die Shan sind auch Meister in zerstampften Salaten wie gegrillte Auberginen zu Püree verarbeitet, gewürzter Jackfrucht oder Wildgemüse mit Knoblauch, Chili und frischen Kräutern.
Und dann ist da noch der Tee. Man trinkt ihn nicht nur, man isst ihn auch. Dies ist ein birmanisches Erbe, das die Shan in ihre Küche integriert haben. Fermentierte Teeblätter ergeben einen Salat, der in Birma Lahpet Thoke heißt, eine Mischung aus Tee, gerösteten Erdnüssen, frittiertem Knoblauch, Tomaten und Chilis. In Nordthailand verwendet man oft frische Blätter, die zerstampft oder als Tempura frittiert werden. Diese Art, Tee zu essen, mag für Europäer ungewöhnlich erscheinen, ist hier jedoch selbstverständlich und identitätsstiftend.
Ban Rak Thai und Mae Salong, chinesische Dörfer in Thailand
Um diese Teekultur zu verstehen, muss man in die Dörfer gehen. Am bekanntesten ist wohl Ban Rak Thai nahe Mae Hong Son. Von Flüchtlingen aus Yunnan gegründet, ist es ein chinesisches Dorf in Thailand. Wer davon träumt, China zu entdecken, ohne die Grenzen Thailands zu verlassen, findet hier eine einzigartige Atmosphäre mit Lehmhäusern, endlosen Teeplantagen und Restaurants, in denen Gerichte aus Yunnan neben Shan-Salaten serviert werden. Alles dreht sich um Tee. Man trinkt ihn, man kauft ihn und vor allem isst man ihn. Der berühmte Teesalat ist allgegenwärtig.
Weiter nördlich, in der Provinz Chiang Rai, bietet Mae Salong, heute Santikhiri genannt, ein ähnliches Erlebnis. In den fünfziger Jahren von ehemaligen Kuomintang-Soldaten aus Yunnan gegründet, ist dieses chinesische Dorf von Hügeln mit Tee- und Kaffeeplantagen umgeben. Es eignet sich perfekt für einen Halbtagesausflug, bei dem man Oolong und Grüntees probiert, chinesische Märkte besucht und atemberaubende Bergpanoramen genießt.
Ganz in der Nähe ist die Plantage Choui Fong zu einer echten Attraktion geworden. Besucher können kostenlos verschiedene Tees probieren, vor allem aber im Restaurant essen, wo Tee in allen Formen verarbeitet wird: Tempura aus frischen Blättern, Desserts mit grünem Tee, Eistees. Ein Erlebnis, das man nicht verpassen sollte, um zu verstehen, wie sehr Tee die gastronomische Identität des Nordens prägt.
Heute setzt sich auch der Kaffee durch. In den Bergen von Chiang Mai und Chiang Rai angebaut, ist er ein beliebtes Exportprodukt und wird auch lokal stark konsumiert. Spezialisierte Cafés schießen sprichwörtlich an jeder Straßenecke aus dem Boden. Wie der Tee ist auch der Kaffee das Ergebnis einer landwirtschaftlichen Umstellung, insbesondere durch die königlichen Projekte gefördert.
Chiang Mai, die gastronomische Hauptstadt des Nordens
Über die Gastronomie des Nordens zu sprechen, ohne Chiang Mai zu erwähnen, ist unmöglich. Es ist die größte Stadt der Region, ein wichtiges Kulturzentrum und ein wahres Paradies für Feinschmecker.
Die Küche ist vielfältig, mit emblematischen Gerichten und Straßenentdeckungen. Khao Soi ist der unangefochtene König, eine Currynudelsuppe mit Kokosmilch, belegt mit Huhn oder Rindfleisch und knusprigen frittierten Nudeln. Jeder Koch verteidigt seine eigene Version, ob schärfer, reichhaltiger oder sogar trocken. Es ist das Gericht, das jeder Besucher probieren muss.
Sai Oua, die Wurst des Nordens, ist ein weiterer Klassiker. Sie besteht aus Schweinehackfleisch, Zitronengras, Kaffirlimettenblättern, Chilis und Kräutern, gegrillt über Holzkohle, um die Aromen freizusetzen. Die besten findet man oft auf Märkten, frisch und heiß, in Scheiben geschnitten und direkt gegessen.
Nam Prik Dips nehmen eine zentrale Rolle ein. Im Norden serviert man sie oft mit Schweineschwarten, die Knusprigkeit und Reichhaltigkeit hinzufügen. Nam Prik Noom, aus gerösteten grünen Chilis, hat einen leicht rauchigen Geschmack, während Nam Prik Ong Tomaten mit Schweinehack kombiniert. Diese pikanten Dips werden mit Gemüse, Klebreis oder Schwarten gegessen.
Das Larb des Nordens ist ein weiteres Herzstück. Im Gegensatz zum Larb aus Isan basiert es auf trockenen Gewürzen, wodurch es aromatischer wird, mit Noten von Koriander und Kreuzkümmel.
Die Suppe Nam Ngiao, auch Nam Ngeow genannt, ist in Chiang Mai und darüber hinaus beliebt. Sie enthält frische Reisnudeln, bekannt als Khanom Chin, Tomaten, Schweinefleisch, frisches Blutwurst und oft fermentierte Sojabohnen, die Thua Nao heißen. Sie ist aromatisch tief und wird mit knackigen Mungobohnensprossen serviert.
Wer die wahre Küche Chiang Mais entdecken möchte, sollte sich nicht auf das touristische Zentrum beschränken. Restaurants in der Altstadt sind charmant, aber die authentischen Erlebnisse findet man in den Stadtteilmärkten, Straßenständen und kleinen Grillbuden. Besonders die Tagesmärkte und teilweise die Nachtmärkte sind Orte, an denen man Würste, Suppen und alte Rezepte probieren kann, die von Standardisierung verschont geblieben sind.
Sogar Food Courts in Einkaufszentren verdienen Aufmerksamkeit. Sie sind keineswegs unpersönlich, sondern beherbergen oft spezialisierte Stände, jeder fokussiert auf ein Gericht oder eine Zutat, manchmal von lokalen Experten betrieben. Dort entdeckt man sehr lokale Varianten bekannter Gerichte oder sogar fast unbekannte Rezepte.
Currys des Nordens, Dschungelküche und rustikale Traditionen
Die Küche des Nordens ist eng mit ihrer Umwelt verbunden. In den Wäldern, wo es keine Kokosnüsse gab, lernte man, ohne Kokosmilch zu kochen. So entstand das Kaeng Pa, das Dschungelcurry. Ursprünglich mit Wild zubereitet, wird es heute oft mit Schwein, Huhn oder sogar Frosch gekocht. Immer ohne Kokosmilch, bleibt es rustikal und kräftig, sehr verschieden von den reichhaltigen Currys des Südens.
Weitere rustikale Currys zeigen lokale Produkte wie Bambussprossencurry, Bananenblütencurry oder Jackfruchtcurry.
Bergstämme pflegen noch heute einzigartige Kochweisen im Wald. Ganze Mahlzeiten werden in frisch geschnittenem Bambus zubereitet, der als Topf und Utensil dient. Gedämpfter Klebreis im Bambus, geräuchertes Schwein oder zerstampfte Auberginensalate zeigen eine Küche, die zugleich erfinderisch, rustikal und tief mit ihrem Land verbunden ist.
Königliche Projekte, Doi Inthanon und Doi Tung
Die Gastronomie des Nordens ist auch eng mit der jüngeren Geschichte verbunden, insbesondere mit den königlichen Projekten. Zwei sind besonders bekannt und bei Thais wie Reisenden beliebt.
Am Doi Inthanon, dem höchsten Berg Thailands mit zweitausendfünfhundertfünfundsechzig Metern, initiierte König Bhumibol Adulyadej, Rama Neun, ein Projekt, um den Bergbewohnern nachhaltige Alternativen zum Schlafmohnanbau zu bieten. Heute kultiviert man dort Blumen gemäßigter Zonen, seltenes Gemüse und Früchte wie Erdbeeren und Avocados. Ein Restaurant im Herzen des Projekts ermöglicht es Besuchern, diese Produkte auf über zweitausend Metern Höhe zu genießen, ein einzigartiges Erlebnis.
Am Doi Tung initiierte Prinzessin Srinagarindra, die Mutter von König Bhumibol, ein ähnliches Projekt. Auch hier ersetzte man Opiumfelder durch Tee, Kaffee, Macadamianüsse und Blumen. Heute ist Doi Tung ein Modell für nachhaltige Entwicklung und ein unverzichtbares Reiseziel.
Ethnische Vielfalt und Einflüsse
Der Norden Thailands ist ein Knotenpunkt und dies zeigt sich auf dem Teller. Die Akha kochen mit wilden Kräutern und Gemüse, die Hmong sind Meister der Fermentation, die Lahu in Jagd und Waldprodukten. Die Chinesen von Mae Salong und Ban Rak Thai brachten Nudeln, Tee und Fermentationstechniken. Muslimische Gemeinschaften führten ihre eigenen Gewürze und Schmorgerichte ein.
Die geografische Lage verstärkt diese Vielfalt. Nur wenige Stunden von Laos und Myanmar und zweihundertfünfzig Kilometer von China entfernt, war der Norden schon immer ein Durchgangsort. Gewürzrouten aus Indien verliefen durch Birma und die Wälder des Nordens nach China. Diese Wege haben tiefe Spuren im Geschmack hinterlassen.
Nordthailändische Küche: Eine Gastronomie, die man Schritt für Schritt entdecken muss
Nordthailand ist nicht nur eine touristische Region, es ist eine eigene kulinarische Welt. Von Teesalaten über rustikale Currys, von königlichen Projekten bis zu Spezialitäten in Chiang Mai, von chinesischen Dörfern bis zu Shan-Traditionen ist der Reichtum dieser Küche noch weitgehend unbekannt.
Um dies weiter zu erkunden, haben wir ein Kochbuch veröffentlicht, das der Küche des Nordens gewidmet ist. Es versammelt die ikonischen Gerichte der Region, Schritt für Schritt erklärt, damit jeder sie authentisch zu Hause nachkochen kann.
Außerdem haben wir einen kostenlosen Reiseführer für Feinschmecker erstellt, basierend auf unserer einmonatigen Reise durch den Norden. Er kombiniert die Orte, die jeder sehen möchte, mit jenen, die die Thailänder selbst im Alltag bevorzugen. Ziel ist es, die Region anders zu entdecken, indem man lokale Erfahrungen teilt statt Standardrouten von Reiseveranstaltern zu folgen.
Der Führer kann auf verschiedene Arten genutzt werden. Für alle, die eine vollständige Immersion suchen, bietet er eine detaillierte einmonatige Route. Für kürzere Aufenthalte gibt es viele Vorschläge für Tagesausflüge. Vor allem empfiehlt er an jeder Station bestimmte Restaurants und Gerichte, sodass Reisende die nordthailändische Küche mit Sicherheit genießen können. In abgelegenen Gegenden, in denen wenig Englisch gesprochen wird, sind diese Angaben besonders nützlich.
Die Gastronomie Nordthailands ist selten und außergewöhnlich. Vielleicht nicht einzigartig in der Welt, oder vielleicht doch. Wir sind überzeugt, dass Sie, wenn Sie sie mit unserem Kochbuch und unserem Führer entdecken, derselben Meinung sein werden.
Die Erfahrung verlängern
Nordthailändische Küche entdeckt man nicht nur auf Reisen, man kann sie auch in der Küche erlernen. In unserem zwölfmonatigen Programm, dem DTV-Visum, ist ein ganzer Monat der Küche des Nordens gewidmet, mit rustikalen Currys, Teesalaten und Spezialitäten aus Chiang Mai.
Für alle, die kürzere Formate bevorzugen, bieten wir auch Intensivkurse oder Halbtagesklassen an. Unser Katalog umfasst fünfzig Rezepte des Nordens, sodass jeder zu Hause die Gerichte nachkochen oder einfach diese einzigartige Tradition erkunden kann.
So verlängern Sie die Reise und holen sich ein Stück dieser Berge und Aromen auf den eigenen Tisch.
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